Und wie entwickelt sich dein Gehalt?

Unsere Arbeit ist ein wichtiger Teil unseres Lebens: Unser Job sorgt für Erfolgserlebnisse und Sinn. Und natürlich für unser Einkommen, denn wir alle bestreiten mit unserer Arbeit unseren Lebensunterhalt. Deshalb ist es so wichtig, dass unser Entgelt angemessen ist. In unserem Beitrag „Wenn es ums Geld geht“ haben wir dargestellt, wie wichtig die Schaffung eines Entgeltsystems für eine faire und gerechte Vergütung ist. In diesem Beitrag geht es um den zweiten Grundstein: Entgeltanpassungen. Im dritten Teil dieser Beitragsreihe werden wir dann erklären, wie entscheidend die korrekte Ein- und Umgruppierung ist.

Nach welchen Regeln sich das Gehalt entwickelt – an dieser Stelle liegt ein wichtiger Unterschied zwischen Tarif- und AT-Bereich.

Tarifentgelte

Die Entwicklung der Tarifentgelte wird im Rahmen von Tarifverhandlungen gestaltet und entschieden. An diesen Verhandlungen sind auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite viele Akteure beteiligt.

Startpunkt ist stets die Tarifforderung der Gewerkschaft, die von den Mitgliedern in den Betrieben der jeweiligen Branche beschlossen wird. Die Arbeitgeberseite reagiert auf die Forderung mit einem Angebot – und dann wird verhandelt.

Manchmal nach einer, manchmal erst nach mehreren Verhandlungsrunden kommt es zu einem gemeinsamen Verständnis über die angemessene Entgeltentwicklung sowie weitere Verbesserungen (bspw. bezahlte Freistellungen, zusätzliche Versicherungsleistungen, etc.) Insgesamt kann man sagen, dass in der Tarifpolitik der IGBCE in den letzten Jahren die Themen „Zeit“ und „Wahlmöglichkeiten“ an Bedeutung gewinnen). Das Ergebnis, also der Tarifabschluss, ist ein Kompromiss, der die wirtschaftliche Entwicklung einer Branche abbildet wie kein Einzelkriterium es je könnte.

Denn die Forderung der Arbeitnehmer*innen wird nicht x-beliebig aufgestellt. Zunächst werden unterschiedliche wirtschaftliche und soziale Faktoren analysiert. Die wirtschaftliche Entwicklung der Branche ist natürlich entscheidend: Ohne Wachstum können Gehaltssteigerungen nur schwer finanziert werden. Neben der Entwicklung der letzten Zeit werden auch Prognosen für die Zukunft berücksichtigt. Wenn etwa die Auftragsbücher der Unternehmen voll sind, ist das ein gutes Anzeichen dafür, dass eine positive Entwicklung weiter anhält. Bei der Entwicklung der Forderung werden aber auch soziale Kriterien betrachtet, etwa die Entwicklung der Lebenshaltungskosten und des Arbeitsmarkts. Über viele Jahre hat die IGBCE Gehaltsanpassungen realisiert, die die Inflation übersteigen, und so die Kaufkraft der Beschäftigten gestärkt. In den letzten Tarifrunden z.B. der chemisch-pharmazeutischen, der Kautschuk– und der Papierindustrie haben IGBCE und Arbeitgeber Augenmaß bewiesen: Eine Kombination aus moderater Entgeltentwicklung und tariflichem Inflationsgeld wurde genutzt, um die Beschäftigten angesichts steigender Preise zu entlasten, ohne die Unternehmen über Gebühr zu belasten.

 Außertarifliche Entgelte

Und wie sieht es bei den Entgelten der außertariflichen Beschäftigten aus? Über sie wird eben nicht auf tariflicher, sondern auf Unternehmensebene entschieden – aufbauend auf die tarifvertraglich definierten Mindestbedingungen. Die rechtliche Situation ist differenziert: Die Höhe des Budgets für die Entwicklung der AT-Entgelte liegt allein im Ermessen des Arbeitgebers.

Umso wichtiger ist es, im Unternehmen klare und transparente Verteilungsgrundsätze für dieses Budget zu haben. Auch um die willkürliche Verteilung des Budgets (nach dem „Nasenprinzip“) zu vermeiden. Hier kommt der Betriebsrat ins Spiel. Denn der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei den Grundsätzen der Verteilung dieses Budgets – d. h., er kann zwar nicht mitentscheiden, wie groß der Topf für alle AT-Beschäftigte ist, aber er kann mitbestimmen, anhand welcher Kriterien das Entgeltentwicklungsbudget verteilt wird (z. B. ob die Verteilung ausschließlich nach Leistung erfolgt und wie die Leistungsbewertung durchzuführen ist und ob bzw.  welches weitere Kriterium hinzugezogen wird).

Das AT-Entwicklungsbudget wird in der Regel als Prozentsatz der AT-Entgeltsumme dargestellt, also z.B. eine Steigerung um 2%. Da die Arbeitgeber hier allein entscheiden können und kaum verhandeln müssen, fällt dieses Budget gerne einmal geringer aus als die Tarifsteigerung. Dann passiert, was eigentlich nicht passieren darf: Die AT-Entgelte werden von den Tarifentgelten „eingeholt“.

AT-Beschäftigte können in diesem Fall ihre Ansprüche überprüfen lassen und ggf. ein tarifkonformes Entgelt einfordern, wenn sie als AT den Rechtsanspruch darauf haben. IGBCE-Mitglieder können dazu natürlich die individuelle Rechtsberatung durch die IGBCE nutzen, die ihnen ihre Handlungsoptionen aufzeigt. Und im Fall der Fälle steht ihnen der Rechtsschutz zur Verfügung.

Wer ihren*seinen Arbeitgeber nicht verklagen möchte, hat noch eine weitere Option: Gewerkschaft und Betriebsräten den Rücken stärken – durch Mitgliedschaft, Teilnahme an der Betriebsratswahl, Fragen oder Applaus bei der Betriebsversammlung etc. Denn wenn Gewerkschaft und Betriebsrat mit dem Arbeitgeber aus einer Position der Stärke heraus verhandeln können, ist nahezu nichts unmöglich: Auch nicht eine Betriebsvereinbarung, die regelt, dass die AT-Entgelte analog zur Tarifentwicklung angepasst werden! Rechtlich dazu zwingen kann man einen Arbeitgeber nicht. Aber freiwillig vereinbaren darf der Arbeitgeber das natürlich!

Und mehr AT-Mitglieder in der IGBCE sind auch für Tarifbeschäftigte gut. Denn je mehr Mitglieder wir haben, desto stärker können wir auch in Tarifverhandlungen agieren. Deshalb gilt: Tarif- und AT-Beschäftigte dürfen sich nicht gegeneinander ausspielen lassen – wir sitzen alle im gleichen Boot!