Vielfalt ist unsere Stärke – Gewerkschaft neu denken

Gemeinsam sind wir stark – dieser alte Slogan ist in der heutigen Arbeitswelt aktueller denn je. Stark zu sein kann auch bedeuten, starke Partner*innen an der Seite zu wissen. Und je mehr Arbeitnehmer*innen in Gewerkschaften organisiert sind, desto stärker ist unsere Position in Tarifverhandlungen, desto mehr Gewicht hat unsere Stimme in der gesellschaftspolitischen Diskussion, desto größeren politischen Einfluss können wir nehmen. Kurz: Je stärker wir als Arbeitnehmer*innen sind, desto mehr Gestaltungsspielraum haben wir.

Und das ist gar nicht so einfach in Zeiten des Wandels. In Zeiten, in denen sich durch den rasanten technischen Fortschritt, durch Globalisierung und Digitalisierung nicht nur das Arbeitsumfeld, sondern auch die Arbeitsinhalte immer stärker verändern. Mit steigenden Anforderungen an die Beschäftigten wächst auch der Anteil der Hochqualifizierten. Für moderne Industrieunternehmen sind sie unabdingbar: Sie forschen und entwickeln neue Produkte, Prozesse und Strategien, sie koordinieren komplexe Zusammenhänge oder leiten Teams oder Abteilungen.  Der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) prognostiziert für das Jahr 2030 einen Anteil der Hochqualifizierten in den Branchen des Verarbeitenden Gewerbes von 29,2 Prozent. Für die Chemie liegen die Prognosen sogar bei 37 und für die Pharmazeutische Industrie bei 47,1 Prozent (Nisser/Malanowski 2019: Branchenanalyse chemische und pharmazeutische Industrie). Nicht alle dieser Beschäftigten werden außertariflich angestellt oder übertariflich bezahlt, aber sie haben ihre eigenen Interessenlagen und Fragestellungen. Dem tragen wir als Gewerkschaft Rechnung, indem wir Tarifpolitik weiterdenken und neu gestalten. Natürlich kämpfen wir auch in Zukunft für bestmögliche Tarifabschlüsse! Gleichzeitig loten wir kreative Möglichkeiten aus, um gute Ergebnisse auf neuem Terrain zu erzielen. So, wie es uns mit CareFlex in der letzten Tarifrunde Chemie gelungen ist.

Genauso wie es sich in der Wirtschaft verhält, so ist auch die IG BCE in den vergangenen Jahren noch vielfältiger geworden. Wir vertreten alle Beschäftigten in unseren Branchen und bringen sie unter einem Dach zusammen – deshalb heißen wir Industriegewerkschaft. Unsere Antwort in Zeiten des Wandels ist: Gemeinsam stark bleiben können wir nur, wenn unsere (Tarif-)Politik alle Beschäftigtengruppen mitdenkt. Denn ob Kolleg*innen aus der Forschung & Entwicklung, im Marketing, Controlling, der IT- oder Finanzabteilung oder gar Führungskräfte: Die grundlegenden Interessen im Arbeitsverhältnis sind immer die gleichen – auch wenn die konkreten Bedingungen und Erwartungen unterschiedlich sind. Unabhängig davon, ob sich die Arbeitsbedingungen tariflich oder außertariflich gestalten: Wir alle haben als Arbeitnehmer*innen Interessen, die durch den Arbeitgeber nicht in Gänze befriedigt werden. Denn schließlich hat dieser eigene Interessen nach weniger Kosten und mehr Gewinn. Wenn wir uns als Beschäftigtengruppen von den Arbeitgebern zueinander in den Wettbewerb setzen lassen, wird unser Gestaltungsspielraum kleiner. Dies nutzt weder den tariflichen noch den außertariflich Beschäftigten. Interessenvertretung so zu leisten, dass die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und Branchen dadurch gestärkt wird – dies ist die Herausforderung, die wir sozialpartnerschaftlich, konstruktiv und auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern meistern. Eine echte Solidargemeinschaft ist also eine win-win-Situation für alle!

Das erkennen zunehmend auch die Beschäftigten in Unternehmen „junger“ Sparten. Beispielsweise haben gerade die Beschäftigten des Naturkosmetikherstellers Laverana in Wennigsen und des Biopharmazieunternehmens CureVac AG in Tübingen, unterstützt von der IG BCE, erstmals in der Firmengeschichte Betriebsratswahlen eingeleitet. Das zeigt, wie wichtig ihnen eine Interessenvertretung auf Augenhöhe und echte Mitbestimmung in der Gestaltung der Arbeitsbedingungen sind. Bessere Arbeitsbedingungen sind halt wichtig für jede*n.

Vielfalt zu verstehen und als Stärke zu nutzen – das machen wir mit KAAT.net noch sichtbarer. Wir bauen Brücken in die Zukunft. Wir sind ein starkes Netzwerk unter dem Dach der IG BCE.

 

© IG BCE/BAVC