Der Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt

In unserem letzten Beitrag ging es darum, wie aus Gewohnheit ein Anspruch werden kann: Im Arbeitsrecht spricht man in diesem Zusammenhang von „betrieblicher Übung“.

Doch das Recht hält dem Arbeitgeber auch einen Ausweg offen: den Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt. Wenn er sich von vornherein nicht verpflichten will, einen Vorteil dauerhaft zu gewähren, dann muss er jedes Mal deutlich und unmissverständlich darauf hinweisen. So hat es zum Beispiel ein Lebensmittelhersteller gemacht: Er schickte den Betriebsrentner*innen jedes Jahr eine Marzipantorte und ein Weihnachtsgeld von 105 Euro. Allerdings legte er jedes Mal ein Schreiben bei mit dem Hinweis, dass die Leistungen immer nur für das aktuelle Jahr gewährt werden. Das Arbeitsgericht Köln entschied, dass deswegen keine betriebliche Übung entstanden ist. Es handelt sich also um eine freiwillige Leistung des Unternehmens (deswegen Freiwilligkeitsvorbehalt). Die Rentner*innen haben keinen Anspruch auf ihre jährliche Torte (Aktenzeichen: 11 Ca 3589/16).

Während ein Freiwilligkeitsvorbehalt also verhindert, dass ein Anspruch überhaupt erst entsteht, ist ein Widerrufsvorbehalt eine Klausel, die regelt, dass ein Anspruch des*der Beschäftigten durch eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers wieder beseitigt werden kann. Mit einem Widerrufsvorbehalt sichern sich Arbeitgeber also die Möglichkeit, bisher gewährte Zusatzleistungen für die Zukunft zu kassieren. Allerdings muss im Arbeitsvertrag klar geregelt sein, in welchen Fällen das möglich ist – zum Beispiel aus wirtschaftlichen Gründen oder aufgrund des Verhaltens des*der Beschäftigten. Wenn der Arbeitgeber sagt, dieser Fall sei nun eingetreten, dann muss das für die Beschäftigten überprüfbar sein.

Text: Anne Beelte-Altwig