Kreativ-Denker*innen, Interessensmanager*innen, Pfad­finder*innen, …

Einfluss auf die eigenen Arbeitsbedingungen nehmen? Jede*r Beschäftigte kann dies in gewissem Maße selbst tun, indem er*sie zum Beispiel die eigene Gehaltserhöhung, Leistungsbewertung oder Sozialleistungen individuell mit dem*der Chef*in verhandelt. Aber selbst gegen die eigene Kündigung verhandeln? Oder alleine zusätzliche bezahlte Freistellungstage oder etwa Beschäftigungssicherung mit den Juristen des Arbeitgebers aushandeln?

Spätestens an der Stelle mit den Juristen müssen viele von uns schlucken. Hier merkt man: Verhandlungen auf Augenhöhe können nur im Kollektiv erreicht werden. Wer als Vertreter*in einer ganzen Belegschaft auftritt, kann ganz anders mit dem Arbeitgeber reden als eine*r allein. Und weil Regelungen für große Gruppen von Beschäftigten gleichzeitig effizient und gerecht sind, stattet der Staat die kollektiven Akteure Betriebsrat und Gewerkschaft sogar noch mit besonderen Rechten aus. Wer ohne Betriebsrat und Gewerkschaft aktiv wird, „verschenkt“ also quasi Verhandlungsmöglichkeiten.

Betriebsräte sind die Interessenvertreter auf betrieblicher Ebene; sie werden von allen Beschäftigten eines Betriebes gewählt. Ausgenommen sind lediglich die Leitenden Angestellten im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (betriebliche Bezeichnungen können davon abweichen, in der Frage der Wahlberechtigung zählt aber ausschließlich die gesetzliche Definition).

Das Betriebsratsgremium hat eine Vielzahl gesetzlich verankerter Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte unterschiedlicher Reichweite, die man als ein*e einzelne*r Arbeitnehmer*in nicht hat. Z. B. ist die Kündigung eines*r Arbeitnehmer*in nur rechtswirksam mit der Zustimmung des Betriebsrates; die Umstrukturierung eines Betriebes nur mit einem Interessenausgleich, der wiederum mit dem Betriebsrat ausgehandelt wird. Auch auf die Ausgestaltung der „alltäglichen“ Arbeitsbedingungen, können Betriebsräte weitreichenden Einfluss nehmen. Dazu gehören z.B. die Verteilung der Arbeitszeit, die Ausgestaltung mobiler Arbeit oder der Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Und das zahlt sich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen aus: So zeigen Studien, dass Betriebe mit Betriebsrat häufig und produktiver sind und eine geringere Personalfluktuation haben als Betriebe ohne Betriebsrat.

 

… mit gesetzlichem Auftrag …

Der gesetzliche Auftrag des Betriebsrates ergibt sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Er umfasst vor allem den Schutz der Arbeitnehmer*innen in vielerlei Hinsicht (Gesundheitsschutz, Arbeitsschutz, aber auch Schutz vor willkürlicher Führung oder unkontrolliertem Einsatz Künstlicher Intelligenz, etc.). Darüber hinaus wacht der Betriebsrat darüber, dass Gesetze und Tarifverträge im Betrieb eingehalten werden. Und davon gibt es in Deutschland jede Menge, deshalb ist es gut, wenn jemand ein Auge darauf hat. Dazu kommen viele konkrete Mitbestimmungsrechte (§ 87 BetrVG), mit denen der Betriebsrat in vielen Bereichen Einfluss darauf hat, wie die Arbeitsbedingungen im Betrieb passgenau gestaltet werden können.

Damit spürbare Verbesserungen wirklich Realität werden, benötigen Betriebsräte natürlich Informationen. Ein Anspruch auf bestimmte Informationen vom Arbeitgeber ist deshalb ebenfalls im BetrVG verankert. Als Betriebsrat wird man also zum „Insider“ des Unternehmens und unterliegt deshalb gleichzeitig strikten Geheimhaltungsregeln.

… zum Wohle des Unternehmens und der Beschäftigten

Es kommt immer wieder vor, dass Betriebsräte als „Bremser“ oder „Blockierer“ wahrgenommen oder dargestellt werden. Das entspricht aber kaum der Realität. Denn die Grundsätze der Zusammenarbeit der betrieblichen Akteure, also des Arbeitgebers und des Betriebsrates, sind klar definiert (§2 BetrVG): Beide sind nämlich verpflichtet, „…vertrauensvoll … und zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen [zu arbeiten].“

Auch wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung häufig gegensätzliche Interessen vertreten, so sollen sie bei deren Wahrnehmung also konstruktiv kooperieren und dabei ehrlich, respektvoll und auf Augenhöhe miteinander umgehen. Beide Seiten sollen stets bestrebt sein, das Wohl der Arbeitnehmer*innen zu wahren, aber auch das Wohl des Betriebes, denn letztlich ist ein leistungsfähiger Betrieb die wichtigste Grundlage für gesicherte Arbeitsplätze. Fazit ist also, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und attraktive Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig bedingen.

Auch die Zusammenarbeit von Betriebsräten und Gewerkschaften regelt das BetrVG. So konzentrieren sich die Betriebsräte auf „ihren“ Betrieb, bekommen durch die Gewerkschaft aber auch Zugang zu überbetrieblichen Informationen, etwa zur wirtschaftlichen Entwicklung der Branche, zu Fortbildungen und Schulungen und zu juristischem Fachwissen. Und als Mitglieder in Tarifkommissionen und anderen Gremien können sie in der Gewerkschaft auch die Zukunft der Branche mitgestalten.

Zuallererst sind Betriebsräte aber Mitgestalter*innen auf betrieblicher Ebene. Deshalb gilt: Wer im Betrieb Innovationen vorantreiben will, wer neue Pfade vorschlagen oder kreative Lösungen für betriebliche Probleme finden will, ist im Betriebsrat genau richtig. Als Pfadfinder*in, Kreativ-Denker*in oder Interessenmanager*in tragen Betriebsräte zum Projekt „Sichere Zukunft“ des eigenen Unternehmens unmittelbar bei.